Ein Morgen wie im Film

Ein Morgen wie im Film

11/03/2021 2 Von Marison

Punkt 7:40 Uhr. Raschel. Rumpel. Polter. Knirsch. Knarz. BÄÄÄM! „Mama Papa Bett schlafen!“ Es geht los: willkommen in Jims Interpretation der Folge „Bobo steht früh auf“. Vor einigen Wochen hat sich dieses Ritual am Morgen bei uns eingeschlichen. Wer diese Bobo-Folge nicht kennt, kann sich nach dieser Geschichte ja gut überlegen, ob das eigene Kind sie zu sehen bekommt oder nicht. Es geht so:

Jim liest BoboSo leise wie eben nur ein Vierjähriger ins Elternschlafzimmer poltern kann, kommt Jim bei uns reingestürzt, bleibt in der offenen Schlafzimmertür stehen und flüstert – auch so leise wie es nur ein Vierjähriger kann – den ersten Satz der Bobo-Folge. Dann – knallpeng – wird mäßig sachte die Tür geschlossen. Jim kommt zu mir gestampft, zuppelt mit einem fröhlichen „hi-ha-ho“ an meinem Ohr, verpasst mir einen Kuss, der mein Trommelfell jedesmal fast platzen lässt, und kriecht unter die Decke. Eine Millisekunde lang habe ich die Hoffnung, dass er noch ein bißchen kuscheln möchte oder vielleicht sogar nochmal einschläft, aber ich weiß es eigentlich besser. Mit „Mamaaa, Auge aufmaffe“ schiebt Jim mir die Augenlider hoch, strampelt die Decke weg, deckt sich wieder zu, strampelt sich wieder frei und so weiter. Es folgt „Jim turnen“. Dabei wird das Elternbett zum Trampolin. Und ist gleichzeitig mein Zeichen zum Aufstehen, denn auf das Turnen folgt bei Bobo, dass er – killekille – Papas Füße kitzelt. Und das gilt es zu vermeiden. Nicht, dass Ollie da jemals was gesagt hätte, aber ich empfinde Füße kitzeln am Morgen als harten Tobak. Also darf Jim – 3, 2, 1 – in meine Arme springen. Herrlich, so ist das Krafttraining für den Tag auch schon erledigt.

Bobo, Bobo und immer wieder Bobo

Was dann folgt, ist eine eher freie Interpretation der Folge, denn wir verlegen den Ort des Geschehens vom Elternschlafzimmer in Jims Bett. Vorhänge auf und Bücher aus dem Regal. Jim FrühstückJim setzt sich auf meinen Schoß. „Mama Kääkischää?“ ist: Mama, Geschichte. Und so lesen wir – und jetzt alle im Chor: Bobo Siebenschläfer! Erst das Wimmelbuch, dann eins der vielen anderen. „Fäätich! Mama Füüüschück!“. Sir, yes, Sir. Also ab ins Wohnzimmer. Während ich mir einen Tee mache, um überhaupt mal zu mir zu kommen, und das Nutellabrot schmiere, leert Jim mit größtmöglichem Lärm die Kiste mit den Spielzeugautos aus, blättert in seiner Morgenzeitung (Sam, der Feuerwehrmann) und spielt „Der Boden ist Lava“ auf der Couch. Nur ein einziges Mal möchte ich so viel Energie am Morgen haben wie er. Wann verliert man das eigentlich? Während Jim das Nutellabrot mampft, muss ich das Cars-Buch mit dem TipToi durchtippen, die Streithörnchen vorlesen und an manchen Tagen auch Bills Ballonfahrt. Frühstück fertig. Abgang Bobo. Vorhang fällt. Geschafft. Oder „geschapp“, wie Jim jubelt.

Nichts ohne Lightning McQueen

Während ich mich ins Bad verziehe, macht Jim dem ganzen Haus (und ganz besonders seinem Vater nebenan!) eine Riesenfreude, indem er die Tonie Box bis zum Anschlag aufdreht, – genau! – die Bobo-Figur wählt und seinen Spielzeug-Lightning McQueen mit Vollkaracho immer wieder über das Abdeckgitter der Heizung rasen lässt. Anfangs habe ich noch versucht das zu verhindern, erfolglos. Ich hab’s aufgegeben und stelle einfach auf Durchzug. Sollen doch einfach alle was von unseren Morgenfreuden haben. Sobald ich fertig bin, ist die letzte Amtshandlung zuhause: Jim anziehen. Denn in der Sekunde, in der er aus seinem Schlafanzug raus ist, müssen wir uns in Bewegung setzen, sonst ist hier Alarm. Beim Anziehen nimmt Jim es sehr genau: erstens sagt er an, was er anziehen möchte (ganz schön eitel!) und zweitens muss es in einer bestimmten Reihenfolge absolviert werden. Schließlich Schuhe, Schal, Jacke, Abmarsch! Nein, halt! Erst noch Lightning McQueen in meine Jackentasche stecken. Der ist dann besser auch noch da drin, wenn ich Jim nachmittags wieder vom Kindergarten abhole, sonst gibt’s Zunder.

Den halben Weg zum Kindergarten läuft Jim wie eine Eins mit mir. Ab dem Moment, in dem wir keine Straße mehr überqueren müssen, gibt er Stoff. Er versteckt sich in Hauseingängen, hinter Hausecken, gern auch hinter Mülltonnen, wenn die draußen stehen. Mir ist’s recht, so kommen wir gut vorwärts. Für Abschiedssentimentalität hat Jim nix übrig. Geht die Tür auf im Kindergarten, zischt er rein, ohne sich nochmal umzudrehen. Kein Bussi Baba oder so. Ok, have fun!

Freie Entscheidung

Raus aus dem Kindergarten. Einmal tief durchatmen und mir selbst auf die Schulter klopfen, dass ich das Morgenprogramm wieder einwandfrei absolviert habe, ohne Texthänger und ohne Drama (meistens zumindest). Jetzt habe ich ein paar Stunden Zeit, in denen nicht Bobo Siebenschläfer mein Tun diktiert, da kann ich tatsächlich frei entscheiden. Hipphipp hurra! Unter der Woche hilft dieser Ablauf natürlich, denn er gibt uns Planungssicherheit. Wie so oft schon geschrieben: solange wir uns an die Regeln halten, funktioniert alles auch wunderbar. Aber für das Wochenende würde ich mir durchaus mal eine Bobo-Folge mit dem Titel „Bobo lässt Mama und Papa ausschlafen und macht schonmal Frühstück“ wünschen. Auftritt Rudi Carrell.